Das Passivhaus
Inhaltsverzeichnis
- Passivhaus – die Wohnform der Zukunft?
- Passivhaus Funktionsprinzip: Dämmen – Lüften – Heizen
- Passivhaus Wärmedämmung – den Wärmeaustausch dämmen
- Passivhaus Lüftung – Befreit aufatmen
- Passivhaus Heizung – Wärme garantiert
- Balkon Passivhaus – Ergänzender Wohnraum
- Kosten Passivhaus – Ein teures Vergnügen? Baukosten im Vergleich
- Vorteile durch Umweltbewusstsein
- Passivhausstandards – Genormte Behaglichkeit
- Kein Muss: Zertifizierung für das Passivhaus
Passivhaus – die Wohnform der Zukunft?
Das Wohnen in einem Passivhaus ist vor allem in Zeiten steigender Energiepreise eine äußerst attraktive Angelegenheit, denn es bietet die Möglichkeit, durch ein effizientes Energiekonzept kosten- und umweltbewusst zu leben und gleichzeitig die individuelle Wohnqualität durch hervorragenden Heiz- und Lüftungsmöglichkeiten entscheidend zu verbessern. Das Passivhaus deckt seine Energieversorgung aus bereits vorhandenen Energiequellen wie Sonnen- oder Erdwärme. Diese vorhandenen Energiequellen werden als „passiv“ bezeichnet, ebenso wie andere im Passivhaus genutzte Energielieferanten, die zum Beispiel in Personen oder Geräten bestehen, die Wärme abgeben, welche mithilfe geeigneter Anlagen zurückgewonnen und zum Heizen genutzt werden kann.
Das Passivhaus stellt dabei keine besondere Bauweise, sondern einen Baustandard dar. Aus diesem Grund lässt es sich prinzipiell mit allen gängigen Baumaterialien und Herstellungsmethoden umsetzen. Jedoch empfiehlt es sich, auf eine ausreichende Qualität der Materialien zu achten, da verschiedene Berechnungsmethoden der Kennwerte zu einer Verfälschung des benötigten Standards führen können. Die Art und Weise, in der ein Passivhäuser errichtet werden kann, unterliegt in der Regel keinen Beschränkungen; so sind unter anderem Passivhäuser in Massiv- oder Mischbaubauweise, mit tragenden Bauteilen aus Beton oder Holzelementen bekannt. Das einzige zwingende Merkmal ist eine maximal mögliche Wärmedämmung, die für eine Passivhaus entsprechend definiert ist und auch eine umfassende Vermeidung von Wärmebrücken einschließt.
Zu Wasser und zu Lande – ein kurzer zeitlicher Abriss
Die erste – noch unausgereifte, aber trotzdem durchaus wirksame – Umsetzung des Passivhausprinzips erfolgte im Jahr 1883 bei einem Polarschiff: Die „Fram“ hatte Wände mit einer Dicke von rund 40 cm und dreifach verglaste Fenster – und ihr Ofen musst trotz tiefster Temperaturen nicht einmal angefacht werden.
Nach langjährigen Forschungen entstand 1991 das erste anerkannte Passivhaus, dessen Heizenergieverbrauch ist seitdem konstant und es weist eine Energieersparnis von rund 90 % gegenüber einem herkömmlichen Haus auf. Heute finden sich Passivhäuser in vielen Varianten: als Wohnhäuser, Reihenbauten und Nichtwohnbauten wie Schulen und Kindergärten.
Passivhaus Funktionsprinzip: Dämmen – Lüften – Heizen
Der entscheidende Aspekt für ein angenehmes und gesundes Wohngefühl ist das Vorhandensein von ausreichend Frischluft. Da aktuell immer mehr Wert auf eine wärmedämmende und luftdichte Bauweise gelegt wird, kann ein Luftaustausch häufig nur über die gängige Belüftung durch die Fenster sichergestellt werden, wird diese nicht regelmäßig durchgeführt, kann es zu einer massiven Verschlechterung des Innenluft und damit des Wohlbefindens kommen. Eine mögliche Alternative bildet der Einbau einer Lüftungsanlage.
Das Passivhauskonzept basiert auf dem Einsatz einer hocheffizienten Wohnlüftungsanlage, die – und das ist der Trick – gleichzeitig die Heizfunktion übernimmt. Voraussetzung ist eine exzellente Wärmedämmung, da ansonsten die Luft die Wärme nicht in ausreichender Weise transportieren kann. Sind diese Vorgaben erfüllt, lässt sich mit dem Passivhaus bares Geld sparen.
Passivhaus Wärmedämmung – den Wärmeaustausch dämmen
Das vornehmliche Ziel eines Passivhauses besteht darin, Energie einzusparen und gleichzeitig eine angenehme Wohnatmosphäre zu schaffen. Die Grundlage hierfür bildet eine exzellente Wärmedämmung, die das Dach, die Fenster, die Kellerwände und die Fundamente einschließt. Ebenfalls unerlässlich sind eine große Luftdichtheit und das konsequente Vermeiden von Wärmebrücken, die vor allem im Bereich der Fenster oder Balkone auftreten können.
Es gelten hier insbesondere bei der Wahl der Fenster gewisse Standards, die eingehalten werden sollten. So bestehen die Fenster in der Regel aus drei selektiven Schichten, deren Zwischenräume mit einem Edelgas, in der Regel Argon, gelegentlich auch Krypton, gefüllt sind. Diese besitzen im vergleich zu normalen zweifachverglasten Fenstern einen sehr guten Dämmwert und bieten bei kühleren Temperaturen die Möglichkeit, durch Sonnenwärme Energie zu gewinnen.
Einen weiteren wichtigen Faktor stellt der Rahmen dar, dessen Anteil am Fenster möglichst gering gehalten werden sollte, da er im Vergleich zum Glas im Allgemeinen und zum Dreifachglas im Speziellen einen wesentlich geringeren Wärmedurchgangskoeffizienten hat. Heute werden bei diesen hochwertigen Fenstern Fensterrahmen mit einer Kerndämmung montiert, um die Wärmeverluste so gering wie möglich zu halten. Auch die Art des Fenstereinbaus nimmt großen Einfluss auf das Vermögen, dem Wärmeaustausch entgegenzuwirken, so sind große Fensterflächen auf der Südseite sinnvoll um im Winter solare Wärmegewinne mit zu nutzen.
Passivhaus Lüftung – Befreit aufatmen
Moderne Bauten sind mittlerweile so gut gedämmt, dass das Einlassen von frischer Luft nur noch bei geöffneten Fenstern möglich ist. Wo dies nicht bedacht wird oder sich ein regelmäßiges Lüften nicht umsetzen lässt, können gesundheitliche Einschränkungen die Folge sein. Eine geeignete Lösung, um Abhilfe für die schlechtere Qualität der Raumluft zu schaffen, besteht in dem Einbau einer Lüftungsanlage. Diese ersetzt die verbrauchte Luft durch frisch ins Haus eingeführte.
Im Passivhaus dürfen mit dem Gebrauch einer Lüftungsanlage natürlich keine Wärmeverluste verbunden sein und es ist in der Tat so, dass durch das Verwenden geeigneter Anlagen, in den meisten Fällen nicht nur eine gut gefilterte Außenluft eingeführt wird, sondern der Wohnkomfort zusätzlich durch eine integrierte Wärmerückgewinnung verbessert wird. Dabei wird die warme Luft die aus dem Gebäude geführt wird über das Gegenstromprinzip an der kalten Außenluft geführt um diese vorzuwärmen und die Abluft nicht unnötig warm ins Freie abzugeben. So wird wiederum viel Energie eingespart. Der Luftkreislauf umfasst dabei die Zufuhr von gereinigter und vorgewärmter Luft in die Wohnräume und anschließende Luftabfuhr aus den Gebrauchsräumen.
Passivhaus Heizung – Wärme garantiert
Beheizt werden Passivhäuser in der Hauptsache durch passive Energiequellen wie die Rückgewinnung von Wärme, die von Personen oder Geräten abgegeben werden, und durch den Einfluss von Sonnenwärme, die über die Fenster eingefangen wird, gedeckt. Letzteres ist ein Grund für die bevorzugte, aber nicht zwangsläufig notwendige Südausrichtung von Passivhäusern. Für den weiteren Heizbedarf stehen diverse Quellen zur Verfügung, dazu zählen beispielsweise Fernwärme, Sonnen- oder Erdwärme, Pelletöfen etc. Ausschlaggebend für die Qualifizierung als Passivhaus ist nicht die Art der genutzten zusätzlichen Energiequelle, sondern die Forderung, dass ein Heizwärmebedarf von jährlich maximal 15 kWh pro Quadratmeter nicht überschritten wird.
Die optimalen Heizbedingungen werden von vielen Faktoren beeinflusst, dazu zählt neben der Größe und Belegungsdichte auch das Nutzerverhalten. Es empfiehlt sich, im Vorfeld Dinge zu bedenken, die für das persönliche Wohlbefinden ausschlaggebend sein können: Welche Raumtemperatur ist gewünscht, ist ein Verschatten der Fenster oder Balkonflächen geplant, wie gestaltet sich das persönliche Lüftungsverhalten etc. Generell ist es sinnvoll, größere Passivhäuser mithilfe von statischen Heizflächen, wie sie auch in konventionellen Wohnhäusern genutzt werden, zu beheizen, während für kleinere Passivhäuser auch Kompaktgeräte in Frage kommen, bei denen Elemente wie eine geregelte Warmwasserbereitung, eine Elektrozusatzheizung und eine kontrollierte Wohnraumlüftung direkt eingebaut sind. Hier sollte jedoch darauf geachtet werden, dass später notwendige Reparaturen bei „exotischen“ Geräten hohe Folgekosten verursachen können.
Leben im Passivhaus: Wohnkomfort durch stabile Umgebungsbedingungen
Die exzellente Dämmung des Passivhauses und seine grundsätzliche Konzeption bewirken, dass im gesamten Haus eine einheitliche Temperatur vorherrscht, und zwar während aller Jahreszeiten: Im Winter wird durch die Dämmung ein Auskühlen verhindert und im Sommer das ein Eindringen von Wärme verhindert, so dass es angenehm kühl bleibt. Sollte eine unterschiedliche Temperierung gewünscht werden, kann dies nur durch entsprechende bauliche Zusatzmaßnahmen erreicht werden. Diese für das Leben in einem Passivhaus charakteristische konstante Innentemperatur wird auch bei extremen Wetterbedingungen wie Hitzewellen oder Kälteeinbrüchen gehalten.
Auch hier bildet die Wärmedämmung die entscheidende Basis, indem sie dafür sorgt, dass Passivhäuser mit einer Zeitverzögerung von mehreren Tagen auf außergewöhnliche Temperaturschwankungen reagieren. Da insbesondere Kälteeinbrüche mit klarem Wetter verbunden sind, kann jedoch auch davon ausgegangen werden, dass ein Teil der Energie durch Sonnenstrahlung vorhanden ist.
Durch das Verwenden von geeigneten Luftfiltern wird die Qualität der Wohnraumluft gegenüber der Außenluft wesentlich verbessert, wobei zusätzliches Lüften grundsätzlich möglich ist. Im Weiteren kann die Raumluft, beispielsweise in Kombination mit einer Luft-Luft-Wärmepumpe, eine Heizfunktion übernehmen. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass die vorgeschriebene stündliche Luftwechselrate von 0,4–1,0 ein schnelles Erwärmen nicht erlaubt.
Balkon Passivhaus – Ergänzender Wohnraum
Ein Balkon ist ein wichtiges gestalterisches Mittel der Architektur und bietet vor allem eine schöne Wohnraumergänzung, auf die auch beim Passivhaus nicht verzichtet werden muss. Unterschieden wird zwischen den meist nachträglich angebauten Vorstell- und Anbaubalkone, die von Stützen getragen werden, und frei auskragenden Balkonen, die aus der Wand herausragen. Lange Zeit galt die Einschränkung, dass nur zwischen Vorstell- und Anbaubalkonen gewählt werden konnte, da diese keine den Baustandard einschränkenden Wärmebrücken verursachen. War diese Bauweise wegen Platzmangels nicht möglich, musste verzichtet werden. Mittlerweile gibt es jedoch auch für frei auskragende bzw. vorgehängte Balkone geeignete Lösungen, die keine Schwachstelle in der wärmegedämmten Außenhülle mehr darstellen.
Kosten Passivhaus – Ein teures Vergnügen? Baukosten im Vergleich
Der Bau eines Passivhauses ist im Vergleich mit einem konventionellen Neubau mit höheren Baukosten verbunden. Erfahrungsgemäß bewegen sich die Mehrkosten in einem Bereich von etwa 5–15 %. Durch die teilweise notwendigen umfangreichen Eingriffe in die vorhandene Bausubstanz ergeben sich bei der Umrüstung von Altbauten mit 12–18 % noch höhere Mehrkosten. Verursacher der erhöhten Kosten sind insbesondere die Materialkosten für die Dämmstoffe, die vor allem im Fall einer gewünschten Zertifizierung bestimmte Auflagen erfüllen müssen, die Fenster mit einer 3-fach-Wärmeschutzverglasung und der notwendige Einsatz einer speziellen Lüftungstechnik, die für eine Wärmerückgewinnung geeignet sein muss.
Vorteile durch Umweltbewusstsein
Diese finanzielle Belastung kann durch verschiedene Fördermöglichkeiten aufgefangen werden, darunter die Möglichkeit, den Bau mithilfe eines zinsvergünstigten Darlehens der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) zu fördern, sowie diverse regionale Förderprogramme und steuerliche Vorteile. Zusätzlich ist natürlich die Einsparung der Heizenergiekosten zu bedenken, die gegenüber einem konventionellen Gebäude ca. 75 % beträgt. Ob und in welchem Ausmaß sich die Mehrkosten im Lauf der Jahre durch Energieeinsparungen tatsächlich aufheben, ist nicht zweifelsfrei zu errechnen. Sicher ist dagegen der erhöhte Wohnkomfort durch die kontrollierte Frischluftzufuhr, die Unabhängigkeit von steigenden Energiepreisen und das gute Gefühl, durch eine bessere CO2-Bilanz einen Beitrag zum Umweltschutz zu leisten.
Passivhausstandards – Genormte Behaglichkeit
Das Passivhaus beschreibt einen Energiestandard und ist offiziell wie folgt definiert:  „Ein Passivhaus ist ein Gebäude, in welchem die thermische Behaglichkeit (ISO 7730) allein durch Nachheizen des Frischluftvolumenstroms, der für ausreichende Luftqualität (DIN 1946) erforderlich ist, gewährleistet werden kann – ohne dazu zusätzlich Umluft zu verwenden.“ Ein Passivhaus zeichnet sich also dadurch aus, dass die Innenwärme hauptsächlich durch das Erwärmen der zugeführten Frischluft gewährleistet wird. Dies wird unter anderem durch eine ausgeklügelte Wärmedämmung und eine perfekt eingestellte Lüftungsanlage garantiert. In diesem Zusammenhang ergeben sich verschiedene einzuhaltende Rahmenbedingungen, die das Passivhaus Institut in Darmstadt in seinem Passivhaus-Projektierungs-Paket (PHPP) für Wohngebäude in einem kühl-gemäßigten Klima festgelegt hat:
- Jährlicher Heizwärmebedarf ≤ 15 kWh/m² (bezogen auf die Wohnfläche),alternativ: jährliche Heizlast ≤ 10 W/m²
- Jährlicher Primärenergiebedarf (inkl. Haushaltsstrom) ≤ 120 kWh/m²
- Luftdichtheit n50 ≤ 0,6/h.
- Übertemperaturhäufigkeit (Sommer) < 10 %
Das PHPP-Konzept bildet mit seinem umfassenden Kriterienkatalog die Basis der Zertifizierung mit dem Label Qualitätsgeprüftes PASSIVHAUS Dr. Wolfgang Feist.
Kein Muss: Zertifizierung für das Passivhaus
Eine Zertifizierung ist eine gute Option, um sicherzustellen, dass auch wirklich alle geforderten Baustandards peinlich genau eingehalten werden. Dies ist deshalb hilfreich, weil die Vorgaben für viele Ausführende, Bauträger und Planer neues Territorium darstellen und durch die Qualitätssicherung durch den PHI oder einen von diesem anerkannten Zertifizierer abgeprüft werden. Auch wird dieses Zertifkat als Nachweis für günstige Kreditkonditionen von den Förderbanken verlangt. Um die für ein Passivhaus vorgesehenen Baustandards einzuhalten, werden geeignete Baumaterialien benötigt. Für diese Materialien finden sich wiederum Vorgaben, die gewährleisten sollen, dass die Anforderungen erfüllt werden. Bei der Angabe dieser Werte, ist jedoch wichtig, dass vergleichbare Werte zugrunde gelegt werden. Bei zertifizierten Produkten ist genau vorgegeben, auf welcher Basis die Kennwerte ermittelt werden. Für die Planung und Konstruktion eines Passivhauses, das alle nötigen Vorgaben erfüllt, bietet sich mit dem Passivhaus-Projektierungs-Programms (PHPP) ein gutes Werkzeug. Die auf einem Kalkulationsprogramm wie Excel basierende Software bietet die Möglichkeit, anhand der individuellen Gebäudedaten eine Energiebilanz aufzustellen und den jährlichen Energiebedarf des Hauses zu ermitteln. Die zugrundeliegenden Rechenverfahren werden gemeinsam mit wichtigen Tipps und Daten im dazugehörigen Handbuch erläutert.